Historie

Die erste außerordentliche Vorlesung zu Elektrotechnik wurde bereits von Herrn Professor E. Kobald, am Institut für Physik im Studienjahr 1883/84 abgehalten. Ab 1885/86 fügte er die Kapitel „Physikalische Grundlagen der Elektrotechnik, Elemente der Starkstromtechnik, Gleich- und Wechselstrommaschinen, Transformatoren, elektrische Messungen, elektrische Kraftübertragung, elektrische Beleuchtung und Akkumulatoren“ in das Hauptfach Physik ein.

Unter Herrn Professor Wolfgang Wendelin entstand im Jahre 1904/05 eine eigene Lehrkanzel für Elektrotechnik. Nach Antritt seines Ruhestandes im Jahre 1933 übernahm Professor Hugo Scheuble 1940 die Lehrkanzel und strebte wesentliche Änderungen an. Unter anderem musste die Kenntnis der elektromagnetischen Erscheinungen und ihrer Zusammenhänge mit anderen physikalischen Vorgängen verbreitert und vertieft werden, um die Hilfsmittel und Methoden zur Gewinnung, Verarbeitung und Veredelung von Bergbau- und Hüttenerzeugnissen, durch die Ausgebildeten weiterentwickeln zu können. Um dieses Ausbildungsziel zu erreichen, wurde eine Neuaufteilung und Neugestaltung der Vorlesung „Physik 3.Teil“, „Allgemeine Elektronik“ und „Besondere Elektrotechnik für Hüttenleute“ als Pflichtgegenstände an der entstandenen Lehrkanzel für „Elektrophysik und Elektrotechnik“ abgehalten.

Als die Lehrkanzel für Physik nach einigen Semestern der Supplierung und nach der Rückverlegung der Grundlagenfächer von Graz nach Leoben neu errichtet und besetzt wurde, ist die obige Aufteilung aufgrund einer Vereinbarung zwischen den Vorständen der beiden Lehrkanzeln im Studienjahr 1940/41 durchgeführt worden. 1952 wurde Professor Scheuble emeritiert und ihm folgte im selben Jahr Professor Kurt Seidl nach. Ihm lag vor allem die praktische Ausbildung sehr am Herzen, weshalb er stets um die Erneuerung von Laboreinrichtungen und Bereitstellung von neuen Lehrmitteln bemüht war.  

1975 beendete Professor Seidl seinen Dienst als Vorstand der Lehrkanzel für Elektrotechnik und  Professor Alfred Gahleitner trat seine Nachfolge an. Professor Gahleitner initierte eine Neuorientierung der Vorlesungen und Übungen an. 1995 trat er in den Ruhestand ein und die Lehrkanzel für Elektrotechnik erhielt mit Herrn Professor Helmut Weiß einen neuen Institutsvorstand.

Professor Wolfgang Wendelin

Geboren am 05.10.1863 in Wien, aufgewachsen in Graz, Besuch der Landesoberrealschule, Studium des Maschinenbaus an der TH Graz. 1903 Einberufung als Professor für Elektrotechnik und Technische Mechanik ?an die Montanistische Hochschule Leoben. Von 1904 bis 1905 entstand unter seiner Leitung das elektrotechnische Institut. In den Jahren 1907/1908, 1908/1909 und 1924/1925 fungierte Professor Wolfgang Wendelin als Rektor. Nach Antritt seines Ruhestandes im Jahre 1932, verstarb er am 12.10.1938 in Graz.

Ausschnitt aus einer Rede von Professor Wendelin vom Jahre 1933:“Ich habe an der Grazer Technik Maschinenbau studiert und ich glaube 1887 die Studien beendet; Elektrotechnikunterricht gab es damals noch an keiner österreichischen Hochschule. Und ich hätte nie gedacht, dass ich einmal Elektrotechniker werden würde. Von Elektrotechnik erfuhr ich erst gegen Ende meiner Studienzeit auf einem Technikerball. Es wurde damals zum ersten Male in Graz der Ballsaal, die Industriehalle, elektrisch mit Bogenlampen beleuchtet. Allgemeine Überraschung und freudiges Staunen. Aber plötzlich während eines Walzers, die Paare standen dichtgedrängt im Saal, erlosch der Zauber und es wurde im Saale stockfinster. 10 Minuten ungefähr dauerte dieser, nur für die Ballmütter, schreckliche Zustand, ehe der Saal wieder im   hellsten Licht erstrahlte. Ungerechter Weise wurde aber die Schuld der neuen Elektrizität gegeben, die Ursache am Vorkommnis war der herabgefallene Antriebsriemen zwischen Lokomobil und elektrischen Stromerzeuger. Aber für diese Ballsaison hatte die Elektrizität ausgespielt und die besorgten Mütter ließen ihre Mädels nicht mehr tanzen gehen, wo elektrisches Licht war.“

Professor Hugo Scheuble

Professor an der Montanistischen Hochschule in Leoben für Elektrotechnik und angewandte Geophysik und Zivilingenieur für Elektrotechnik in Leoben, wurde am 06.September 1881 in Wien geboren. Nach Besuch des Schottengymnasiums in Wien und des Staatsgymnasiums in Krems, an dem er 1901 maturierte, studierte er von 1901-1906 an der Fachschule für Maschinenbau der Technischen Hochschule Wien, wo er 1907 das Ingenieurdiplom erhielt, von 1907-1910 studierte er an der philosophischen Fakultät der Universität Wien und 1912-1913 an der medizinischen Fakultät der Deutschen Universität in Prag. Ab 1913 war er zuerst als Adjunkt ad personam, später als ordentlicher Assistent an der Lehrkanzel für Elektrotechnik und Mechanik ? an der Montanistischen Hochschule in Leoben tätig, wo er auch 1932 den Titel des a. o. Professors erhielt. Mit 30. September 1952 trat er in den Ruhestand ein und verstarb am 09. Juli 1973.

Professor Kurt Seidl

Professor Dipl.-Ing. Dr. techn. Kurt Seidl wurde am 12 Juni 1905 in Pressburg geboren, studierte Elektrotechnik an der Technischen Hochschule in Wien, wo er 1931 graduierte. 1939 promovierte er mit einer Arbeit über Universalmotoren an der Technischen Hochschule in Wien. 1952 wurde er aufgrund seines umfangreichen Fachwissens und seiner bemerkenswerten pädagogischen Begabung an die Montanistische Hochschule in Leoben berufen. Bereits wenige Jahre nach Übernahme des Institutes führte Professor Seidl die für den Montaningenieur so bedeutungsvollen und damals an der Montanistischen Hochschule noch fehlenden Fachgebiete der Regelungstechnik und Leistungselektronik ein. Ende der fünfziger Jahre entwickelte er den „Getakteten Asynchronmotor“ (Österreichisches Patent). Im Jahre 1975 wurde Professor Seidl emeritiert und verstarb schließlich am 13. April 1983.